Familie Ciidae (Cisidae) Coleoptera
  Von Arved Lompe (n. G.A. Lohse), aktualisiert und ergänzt von J. Reibnitz
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Lohse, G.A. (1967): Cisidae in: Käfer Mitteleuropas, Hrsg. Freude, Harde, Lohse, 7:280-295, Goecke & Evers, Krefeld, Private Datei: D:\taxa\coleo\scans\_FHL-07.tif
Reibnitz, J. (1999): Verbreitung und Lebensräume der Baumschwammfresser Südwestdeutschlands (Coleoptera, Cisidae) - Mtt. Ent. Verein Stuttgart, 34:1-76
  Diese kleine Familie enthält einander zum Teil sehr ähnliche, walzenförmige (nur Gattung Hadreule etwas abgeflacht), hellbraune bis schwarze Arten [Abb.1]. Sie sind innerhalb der Clavicornia am Bau der Fühler und Tarsen unschwer zu erkennen. Tarsen sämtlich 4-gliedrig, das Klauenglied stark vergrößert, länger als die vorhergehenden Glieder zusammengenommen, keulenförmig. Der geneigte Kopf ist oft von oben nicht sichtbar; sein deutlich linienförmig abgesetzter Clypeus besitzt bei den ♂ vieler Arten zähnchen- oder lamellenförmige Auszeichnungen [Abb.2]. Der Halsschild hat etwa die Breite der Flügeldecken und zeigt gelegentlich am Vorderrand ähnliche männliche Auszeichnungen wie der Kopf. Die Flügeldecken sind unregelmäßig, seltener gereiht punktiert und entweder scheinbar kahl oder kürzer bzw. länger beschuppt oder aufstehend behaart. Besonders die Vorderschienen tragen gattungstypische Borsten und Zähne [Abb.3]. Die Fühler sind 8- bis10-gliedrig und haben 3 (ausnahmsweise 2) vergrößerte Endglieder, die eine locker gefügte Keule bilden [Abb.4].
CIIDAE-GATTUNGEN
Abb.1
CIS QUADRIDENS
Abb.2
CIIDAE VORDERSCHIENEN
Abb.3
CIIDAE FHL
Abb.4
  Die ♂ der meisten Arten haben eine nabel- oder warzenförmige Auszeichnung auf dem 1. Sternit [Abb.5], sowie manchmal ein vergrößertes Halsschild. Unreife Stücke besitzen oft einen wachsartigen grünlichen Überzug, der die Bestimmung sehr erschweren kann. Der Aedoeagus, der zum besseren Erkennen bei einigen wenigen Arten untersucht werden sollte, besitzt eine sehr charakteristische Bildung. Die Parameren formen eine große, an beiden Längsseiten umgebogene Paramerenplatte. In der so gebildeten Längsrinne befindet sich der eigentliche Penis, der zum Erkennen der arttypischen Merkmale oft aus der Paramerenplatte herausgelöst werden muss [Abb.6] [Abb.7]. Vorsicht bei der Präparation, um die zarten empfindlichen Teile, besonders bei Orthocis [Abb.8], nicht zu beschädigen! Präparate von frischen und getrockneten Tieren können sehr verschieden aussehen, es ist daher Betrachtung von allen Seiten erforderlich. Dabei muss bedacht werden, dass Abbildungen aus älteren Arbeiten häufig mit (+/- gequetschten) Deckglaspräparaten gemacht wurden; dabei ging die räumliche Anordnung verloren, die also gedanklich rekonstruiert werden muss.
CIS AUSZEICHNUNG
Abb.5
CIS FESTIVUS
Abb.6
CIS FAGI
Abb.7
ORTHOCIS ALNI
Abb.8
  Die Cisiden leben in Baumschwämmen, bevorzugt in zähfleischigen bis harten Polyporaceae, aber auch in Auriculariaceae und einigen anderen holzbewohnenden Pilzen [Abb.9]. Man findet sie das ganze Jahr hindurch, jedoch vorzugsweise im Hochsommer. Selten trifft man sie auch in verpilztem Mulm oder in den Gängen von Borkenkäfern an, wo sie sich vermutlich ebenfalls von Pilzen ernähren. Eine ausgezeichnete Bearbeitung zur Biologie dieser Familie gibt Reibnitz (l.c.).
BRUTPILZE CIIDAE
Abb.9
 
#1 Fühler 8-gliedrig mit 3-gliedriger Keule. Habitus [Abb.10]. Vorderbrust ohne Prosternalfortsatz [Abb.11].

   ...Octotemnus Mell.

OCTOTEMNUS GLABRICULUS
Abb.10
OCTOTEMNUS VORBR
Abb.11
-- Fühler 9- oder10-gliedrig.

   ...2

 
#2 Fühler 9-gliedrig [Abb.12].

   ...3

ENNEARTHRON CORNUTUM
Abb.12
 
-- Fühler 10-gliedrig [Abb.13].

   ...8

SULCACIS FRONTICORNIS
Abb.13
 
#3 Fühler mit 2 vergrößerten Endgliedern.

   ...4

 
-- Fühler mit 3-gliedriger Endkeule.

   ...5

 
#4 Das 3. Glied der Fühler langgestreckt [Abb.14]. Erstes Hinterleibsternit doppelt länger als das 2. Habitus [Abb.15].

   ...Diphyllocis Rtt.

DIPHYLLOCIS FHL
Abb.14
DIPHYLLOCIS OPACULUS
Abb.15
-- Das 3. Glied der Fühler sehr klein [Abb.16]. Erstes Hinterleibsternit so lang als das 2. Habitus [Abb.17]. 1 Art in Südosteuropa.

   ...Cisarthron Reitter, 1885

CISARTHRON FHL
Abb.16
CISARTHRON LAEVICOLLE
Abb.17
#5 Oberseite kahl, Körper gedrungenen [Abb.18]. Vorderbrustfortsatz sehr schmal, lamellenförmig, in seitlicher Ansicht fast halbkreisförmig vorgewölbt. Vorderhüften etwas zapfenförmig vorspringend. Eine seltene Art.

   ...Wagaicis Lohse

WAGAICIS WAGAI
Abb.18
 
-- Oberseite beschuppt oder beborstet.

   ...6

 
#6 Flügeldecken mit deutlichen Reihen dicht stehender Punkte, Körper gestreckt, abgeflacht [Abb.19].

   ...Hadreule Thomson
(=Hadraule auct.)

HADREULE ELONGATUM
Abb.19
 
-- Flügeldecken unregelmäßig punktiert, Körper zylindrisch.

   ...7

 
#7 Flügeldecken mit ziemlich langen, aufstehenden weißen Haarbörstchen, welche deutliche Reihen bilden [Abb.20]. Vorderschienen zur Spitze rundlich erweitert und hier am Spitzen- und Außenrand mit dicht stehenden kräftigen Stachelborsten besetzt [Abb.21]. Nur eine schwarze Art mit zylindrischem Körperbau. Untergattung Sulcacis s.str.

   ...Sulcacis Dury

SULCACIS AFFINIS
Abb.20
SULCACIS AFFINIS
Abb.21
-- Flügeldecken mit kurzen kräftigen oder nur punktförmigen Schuppen bedeckt, welche höchstens undeutliche Reihen bilden [Abb.22] [Abb.23]. Äußerer Spitze der Vorderschienen spitzwinklig, mit Zahn [Abb.24] oder abgerundet [Abb.25].

   ...Ennearthron Mell.

ENNEARTHRON CORNUTUM
Abb.22
ENNEARTHRON PRUINOSULUM
Abb.23
CIS 2VSCHIENEN
Abb.24
CIS FESTIVUS
Abb.25
#8 Fühlerkeule 2-gliedrig. 1 Art in Südosteuropa. Siehe Cis clavicornis

   ...Cis Latreille, 1796

 
-- Fühlerkeule 3-gliedrig.

   ...9

 
#9 Schienen außen gezähnt [Abb.26]. Oberseite lang behaart [Abb.27]. Vorderbrust ohne Prosternalfortsatz.

   ...Xylographus Mell.

XYLOGRAPHUS VSCHN
Abb.26
XYLOGRAPHUS BOSTRYCHOIDES
Abb.27
-- Schienen am Außenrand ungezähnt, höchstens an der Spitze mit dichten Stachelborsten [Abb.28].

   ...10

RHOPALODONTUS PERFORATUS
Abb.28
 
#10 3. Fühlerglied kaum länger als das 4. Vorderschienen vorne erweitert und mit dichten Stachelborsten besetzt [Abb.29]. Oberseite lang aufstehend behaart [Abb.30]. Vorderbrust mit verborgenem, tief liegendem Prosternalfortsatz, der von den Hüften weit überragt wird [Abb.31]. 1,8-2,2 mm.

   ...Ropalodontus Gyllenhal, 1813
(=Rhopalodontus Mell.)

ROPALODONTUS PERFORATUS
Abb.29
ROPALODONTUS PERFORATUS
Abb.30
ROPALODONTUS PERFORATUS
Abb.31
 
-- 3. Fühlerglied länger als das 4., nur ausnahmsweise ebenso lang, dann aber unter 1,3 mm und (oder) die Flügeldecken kurz beschuppt. Vorderbrust vor den Vorderhüften ziemlich breit und flach, nach hinten mit einem deutlichen Prosternalfortsatz, der die walzenförmigen Hüften vollständig trennt [Abb.32].

   ...11

CIS DENTATUS
Abb.32
 
#11 Außenkante der Vorderschienen einfach abgerundet [Abb.25], in einen Zahn endend oder spitzwinklig [Abb.24].

   ...14

CIS FESTIVUS
Abb.25
CIS 2VSCHIENEN
Abb.24
-- Vorderschienen zur Spitze gerundet erweitert, ihre Außenkante dort mit dicht stehenden Stachelborsten [Abb.21] oder Körnchen [Abb.33] besetzt.

   ...12

SULCACIS AFFINIS
Abb.21
ATLANTOCIS CANARIENSIS
Abb.33
#12 Vorderschienen an der Erweiterung mit Körnchen besetzt [Abb.33]. Halsschild im Verhältnis zu den Flügeldecken auffallend groß, an der breitesten Stelle so breit oder breiter als die Flügeldecken an den Schultern [Abb.34]. Flügeldecken mit haarförmigen Börstchen. 3 Arten der Atlantischen Inseln.

   ...Atlantocis Israelson, 1985

ATLANTOCIS CANARIENSIS
Abb.33
ATLANTOCIS LAURI
Abb.34
-- Vorderschienen an der Erweiterung mit längeren Stachelborsten besetzt [Abb.21]. Halsschild nicht so umfangreich. Flügeldecken mit schuppenartigen Börstchen besetzt. Arten des europäischen Festlandes.

   ...13

SULCACIS AFFINIS
Abb.21
 
#13 Flügeldecken deutlich, rau aufstehend beschuppt, Körper ganz schwarz [Abb.35] oder Vorderkörper dunkelbraun, Flügeldecken heller [Abb.36]. Untergattung Entypocis Lohse.

   ...Sulcacis Dury


Die hierher gehörenden Arten werden auch im Bestimmungsschlüssel der Gattung Cis berücksichtigt.
SULCACIS FRONTICORNIS
Abb.35
SULCACIS BIDENTULUS
Abb.36
-- Flügeldecken nur staubartig beschuppt [Abb.37].

   ...Strigocis Dury, 1917

STRIGOCIS BICORNIS
Abb.37
 
#14 Außenkante der Vorderschienen an der Spitze zahnförmig vorgezogen [Abb.38], seltener spitzwinkelig [Abb.24].

   ...Cis Latreille, 1796

CIS VILLOSULUS
Abb.38
CIS 2VSCHIENEN
Abb.24
-- Vorderschienen schmal, an der Spitze abgerundet oder schräg abgestutzt [Abb.25]

   ...15

CIS FESTIVUS
Abb.25
 
#15 Körper gedrungener [Abb.39], Halsschildseitenrand immer deutlich sichtbar bewimpert, Körper kräftig beschuppt. ♂ mit zwei beschuppten Höckerchen oder spitzen Zähnchen auf dem Clypeus. Schlanke Exemplare von C. pygmaeus können an der deutlich abstehenden, stachelig wirkenden Flügeldeckenbeschuppung erkannt werden [Abb.40].
Arten, die wegen ihrer Vorderschienenbildung einige Zeit in die Gattung Orthocis gestellt wurden.

   ...Cis Latreille, 1796

CIS FESTIVUS
Abb.39
CIS PYGMAEUS
Abb.40
-- Körper schlanker, sehr kurz beschuppt, Halsschildseitenrand ohne Bewimperung (alni-Gruppe) [Abb.41] oder etwas deutlicher beschuppt und Halschildseitenrand mit sehr kurzer Bewimperung (coluber-Gruppe) [Abb.42]. ♂ Clypeus ohne Zähnchen.

   ...Orthocis Cas.

ORTHOCIS ALNI
Abb.41
ORTHOCIS COLUBER
Abb.42
  Atlantocis
Cis
Cisarthron
Diphyllocis
Ennearthron
Hadreule
Octotemnus
Orthocis
Ropalodontus
Strigocis
Sulcacis
Wagaicis
Xylographus
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Erstellt am: 05.08.2009
Letzte Aktualisierung: 15.03.2022 - 19:23:46
Version: 4.2.10 von: Johannes Reibnitz
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